Die Reise nach Burkina Faso beginnt

VERÖFFENTLICHT AM: Oktober 2, 2018

Wir brechen heute zu einer Theaterreise nach Burkina Faso auf. Für vier Wochen reisen wir in die Hauptstadt Ouagadougou und im Land umher. Wir sind auf der Suche nach nichts Geringerem als einer Revolution!

Schauspieler*innen aus dem Ensemble des Schauspielhaus Graz – Julia Gräfner und Raphael Muff –  der Musiker und Schauspieler Komi Togbonou und Michael Pietsch steigen in Wien in ein Flugzeug nach Ouagadougou. Auf dem Zwischenstopp in Istanbul steigt Laurenz Leky, mit dem ich 2014 schon mal in Burkina Faso war, zu.

 

Zeitreise

Das Projekt DIE REVOLUTION FRISST IHRE KINDER begibt sich auf die Spuren der burkinischen Revolution von 2014, die den autokratisch regierenden Präsidenten Blaise Compaoré stürzte. Ich war damals zufällig im Land, probte das Projekt COLTAN-FIEBER beim Les Récréatrales Festival, als erste Unruhen ausbrachen. Blaise Compaoré wollte die Verfassung des Landes ändern, um seine seit 27 Jahren währende Amtszeit noch weiter verlängern zu können. Das ließen sich die Menschen nicht bieten und gingen auf die Straße. Die Proteste nahmen innerhalb einer Woche dermaßen zu, dass Compaoré am 31.10.2014 das Land verließ. Es hätte der Tag unserer Premiere sein sollen. Stattdessen wurde erst die erfolgreiche Revolution gefeiert, dann eine Ausgangssperre verhängt, wir spielten am nächsten Tag. Dann übernahm das Militär die Macht. Später, nachdem wir längst weit weg im kalten Europa saßen, wurde gewählt. Heute hat Burkina Faso, trotz eines erneuten Versuchs von Teilen des Militärs zu putschen, eine demokratisch gewählte Regierung. Nun reisen wir zurück in diese Zeit und erzählen die Geschichte einer Theatertruppe, die in eine Revolution gerät.

Reisegepäck

Im Gepäck hat das Ensemble DANTONS TOD, Büchners Drama über die Französische Revolution oder vielmehr ihr Stehenbleiben, ihr Blutvergießen, ihre Folgen. Das Ensemble sucht einen Dialog mit burkinischen Bürgern, Aktivisten der Revolution 2014, zum Beispiel mit dem Musiker Smockey darüber, was aus ihrer Revolution geworden ist. Am 23.11. zeigen wir das Ergebnis in Graz und im Juni 2019 beim Koproduktionspartner, dem africologne Festival in Köln. Der parallel entstehende Film soll im Frühjahr 2019 Premiere haben.

„Das Internet suggeriert uns, dass wir permanent mit der ganzen Welt in Kontakt stehen. Neurowissenschaftliche Untersuchungen besagen allerdings, dass man das Weiß im Auge seines Gegenübers sehen muss, damit ein Dialog wirklich Veränderung im Gehirn bewirkt. Damit eine Kommunikation stattfindet, die eine gegenseitige Veränderung ermöglicht. Vor diesem Hintergrund entsteht das Plädoyer für das Theater der Reise.“ Aus: Das Weiß im Auge des Gegenübers. Für ein Theater der Reise. Jan-Christoph Gockel, Laurenz Leky, René Michaelsen

Michael Pietschs Danton-Puppen aus unserer Arbeit an Heiner Müller/Georg Büchner werden dabei Spielangebot und Kommunikationsbrücke vor Ort. Wahrscheinlich oft nonverbal. Das ganze Ensemble hat noch mal fleißig Französisch gelernt, ob das reicht oder ob andere, künstlerische Kommunikationen möglich sind, werden wir sehen. Letztendlich ist es auch ein riesengroßes Experiment, bei dem immer die Kamera läuft.

– Jan-Christoph Gockel

Foto: Lupi Spuma