„Solange die Europäer ihre Schuld nicht auf sich nehmen, kann sich die Geschichte nicht zum Guten hin ändern, ist die Moral von der Geschicht‘. Moral auf der Bühne ist eine schwierige Sache, aber Gockel hat für seine Kritik eine ästhetische Entsprechung gefunden. Und er spricht für die Generation, deren Kinder miterleben könnten, wie sich die Welt durch Klimakatastrophen und Unterdrückung anderer Völker total umwälzt. Seine spielerische Herangehensweise hat sich Gockel beibehalten, und er hat in einem schweren Stoff neue Bilder gefunden für seine Interpretation.“
nachtkritik.de, 23.Februar 2020
„Michael Pietsch findet “mit seinen Marmor-ähnlichen Figuren, die mit den individuellen Gesichtern der Schauspieler zu starken Playern aufgewertet werden, zeitgleich eine behutsame und doch klare Sprache für die Offenlegung der historischen Dimensionen.“
Frankfurter Neue Presse, 24. Februar 2020
„Umso mehr definiert und dominiert das Aischylos’sche Verhältnis vom Einzelnen in der Gemeinschaft, das gegenseitige Sich-Ausgeliefert-Sein bei gleichzeitiger, schwer zu fassender Komplizenschaft diesen ersten Teil. Und Katharina Linder (Klytaimestra) und Torsten Flassig (Kassandra), die, wie das komplette Ensemble, auf sehr hohem Niveau unforciert, unmikrofoniert und den Text strukturiert vermittelnd sprechen. Und uns geradezu heranzerren an ihre Figuren, die so gar nichts mit zum Klischee geronnener Antikendarstellung oder bewusster Abgrenzung von hohlem Pathos zu tun haben. Hier wird einfach der Raum, den die Inszenierung bietet, für hinreißendes Theaterspiel genutzt. […]
Jan-Christoph Gockel und sein Team haben den antiken Text in seiner Tragweite ernst genommen und eine aufregende Bild- und Klangwelt für ihn gefunden. Die vielen Interpolationen, die An-, Aus- und Umdeutungen geben gewiss kein homogenes Bild, fügen sich aber auf der Bedeutungsebene stringent zusammen. Die Geschmeidigkeit und Vielfalt des Soundtracks von Matthias Grübel, der klare Raum von Julia Kurzweg, die sinnlichen, dem Leben abgelauschten und doch eleganten Kostüme von Amit Epstein schwingen zusammen und folgen der Inszenierungsidee. Der nuancierte, unangestrengte Umgang mit der Sprache prägt sich ein und wirkt nach wie viele überraschende Details, von denen keines überflüssig daher kommt.
Es ist keine gute Welt, in der der Chor nicht mehr sprechen kann. In der die Mutter die Familienfotos zerreißt, aber Brad Pitt auf dem „Troja“-Filmplakat weiter an der Wand hängt. In der die jungen Menschen allein gelassen werden, so dass sie werden wie ihre Eltern. Und Regeln befolgen, ohne sie zu befragen. Wir wollen eine Änderung, oder? Die „Orestie“ ermutigt uns. Ausdrücklich.“
Die deutsche Bühne, 22. Februar 2020
„Fürs große Frankfurter Schauspielhaus hat nun Jan-Christoph Gockel (…) das Stück als Multimediainszenierung zubereitet – teils tief berührend, teils hochinteressant (…). Schauspiel, Puppenspiel, Hörspiel, filmisch übertragene Großbildszenen aus dem Hades unter dem Bühnenboden, musikalische Atmosphärenzeichnung und akustisch brachiales Wirkungsgedonner: Jan-Christoph Gockel greift für seine Inszenierung in die Vollen, bleibt seiner Neigung zu mal klug erhellenden Effekten, mal verspielt überschäumender Effekthuberei treu. (…) Aber langweilig wird einem kaum, denn sinnlos oder gar dumm ist nichts davon.“
Rhein-Zeitung, 24. Februar 2020
„Regisseur Jan-Christoph Gockel und Dramaturgin Marion Tiedtke haben eine interessante Art mit diesem Stoff umzugehen: da wird mit Puppen umgegangen, mit Hörspielelementen, mit Videoprojektionen, natürlich auch den Schauspielern – und die agieren zuerst in schwarzen Puppenspieler-Anzügen, auch als Chor aus dem immer wieder die handelnde Person heraustritt. (…) Insgesamt ist diese Art assoziativer Archäologie, wie der Regisseur seine Arbeitsweise nennt, wirklich interessant, auch nachdenkenswert und bei allem tragischen Überbau stellenweise auch sehr lustig.“
Hr2-kultur, 24.02.2020
„Immer wieder blitzt feiner Humor auf, doch komödiantische Passagen enden niemals im Klamauk. (…) Die Puppen spielen im Drama mit, zum Leben erweckt durch den Chor oder durch einzelne Schauspieler. So entstehen immer wieder anrührende und poetische Momente (…).“
SWR2 Kultur aktuell, 24. Februar 2020
„Faszinierendes Spiel mit außergewöhnlichen Puppen“
Kulturfreak.de, 24.02.2020
„Pietschs Puppen erlauben es, dass die Figuren sich selbst begegnen. Und weil die Schauspieler zugleich der Chor sind und das Gegenspiel von Masse und Individuum in verschiedenen Choreographien ausprobieren, gewinnt der gut dreistündige Abend eine weitere Ebene hinzu. Das Grauen ist so groß, dass das Handeln des Einzelnen sinnlos erscheint. Gockel gibt dem Publikum, das begeistert applaudiert, viel zu denken mit. (…) Am Ende steht immerhin eine gehörige Verunsicherung, ob diese Demokratie der Zufriedenen gefeiert werden kann. Einen Ausweg, deutet dieser Abend an, könnte es nur in der Gemeinschaft der bekennend Schuldigen geben.“
Allgemeine Zeitung Mainz, 25.02.2020
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Foto: Thomas Aurin