Wir haben uns auf eine Reise begeben

VERÖFFENTLICHT AM: März 16, 2021
  • Misahoehe_Foto Olivia Ebert

Von Olivia Ebert, Dramaturgin

Wir haben uns auf eine Reise begeben. Und währenddessen hat sich das Wir verändert. Es begann lange vor der eigentlichen Reise als ein kleines Wir zunächst von zweien, die die Idee hatten, oder von fünfen, die sich schon kannten oder von acht als künstlerisches Produktionsteam. Das Wir hatte sich schon laufend vergrößert, hatte sich verzweigt nach Lomé, über Leipzig und Frankreich, hat sich wabernd verändert, ist nun im März 2021 vielleicht weniger zu fassen, als noch vor einem Jahr zu Beginn des Prozesses, aber umso deutlicher miteinander verbunden. Es wurde viel möglich, getragen durch viele. Ein gemeinschaftlicher Prozess, Widerspruch und Diskussion, Gast zu sein und Gastgeber. Durch viele Gespräche innerhalb des Teams an den Münchner Kammerspielen, das sich in dieser Konstellation erst kennenlernen musste. Durch viele Gespräche in die Ferne, über E-Mail, Messenger, Videokonferenzen. Durch viele Begegnungen in der Realität in Lomé, Atakpamé, Kamina, Wahala. Vielleicht ist das Wir schon so groß, so verzweigt, so aufregend, so widersprüchlich, so ohne jede Einheit, dass es sich schon längst nicht mehr angemessen mit dem Wort Wir beschreiben lässt.

„Was uns trägt, ist nicht allein die Definition unserer Identitäten, sondern auch ihre Beziehung zu all dem, was möglich ist.“ Édouard Glissant: Poétique de la Relation.

Auf dem Foto:

Ein Blick aus der ehemaligen Kolonialstation Misahoehe in den sie umgebenden Wald. Viele Bäume wurden von den deutschen Kolonialherren gepflanzt, sie sind Zeuge und Speicher des Leids der Togoer, der Gewalt und Selbstherrlichkeit der Deutschen. Welche Geschichten und Begegnungen sind in ihnen gespeichert, welche Wege, welche Verbindungen haben ihre Wurzeln seitdem gesucht?