Uraufführung

WER IMMER HOFFT, STIRBT SINGEND - REPARATUR EINER REVUE

Mit Sebastian Brandes, Johanna Eiworth, Dennis Fell-Hernandez, Jan-Christoph Gockel, Julia Gräfner, Frangiskos Kakoulakis, Johanna Kappauf, Fabian Moraw, Michael Pietsch | Im Video: Bernardo Arias Porras, Hannelore Hoger & Alexander Kluge | Idee: Jan-Christoph Gockel, Claus Philipp | Regie: Jan-Christoph Gockel | Bühne: Julia Kurzweg | Kostüme: Sophie du Vinage | Musik & Hörspiel: Matthias Grübel | Licht: Christian Schweig | Video & Bildgestaltung: Lion Bischof | Puppenbau: Michael Pietsch | Dramaturgie: Viola Hasselberg, Claus Philipp | Live-Kamera: Nadja Mild | Live-Zeichnungen: Fabian Moraw | Theaterpädagogik: Franziska Wagner | Foto: Maurice Korbel | Premiere: 02. April 2022



Manfred Peickert, legendärer Zirkusdirektor, ist tot – ums Leben gekommen bei einer waghalsigen Astronautennummer. Nun übernimmt seine Tochter Leni das Geschäft, sie will den Zirkus reformieren.

„Sie stellt sich vor, dass sie einen eigenen Zirkus begründet, einen Zirkus, der eines Toten wert ist. Sie sagt: Ich will den Zirkus verändern, weil ich ihn liebe. Weil sie ihn liebt, wird sie ihn nicht verändern. Warum? Weil Liebe ein konservativer Trieb ist. Leni: Das ist nicht wahr.“

Leni Peickert möchte ihrem Zirkus Sinn geben, sie sucht einen modernen, einen reformierten Zirkus. Eigentlich sucht sie die Utopie. „Die Utopie wird immer besser, während wir auf sie warten“, sagt sie, verschiebt die Premiere und man spürt ihre Zweifel, auch ein wenig ihre Furcht davor, dass ihre Utopie nun Realität wird. Und so zieht sie mit ihren Artist:innen ins Fernsehen und von dort aus wieder in die Realität. Sie fragt, was können wir Artist:innen angesichts der aktuellen Lage ausrichten?

WER IMMER HOFFT, STIRBT SINGEND ist ein Abend nach Motiven, Filmen, Texten und  Kommentaren von Alexander Kluge. Eine Destruktion von Freiheit, eine Revue über Allmachtsfantasien, Zufälle und Russian Endings. Hier werden Bomben im freien Fall entschärft. WER IMMER HOFFT, STIRBT SINGEND ist eine Liebeserklärung an das Konzept der Reparatur. Eine Zirkusrevue.

„‘Wer immer hofft, stirbt singend‘ ist ein geradezu schamlos gut gelaunter Theaterabend angesichts der alles andere als unbeschwert stimmenden weltpolitischen Großwetterlage. Aber so wie gegen Ende, als plötzlich der Zirkus von der Bühne verschwunden ist und die Texte Alexander Kluges die Katastrophen der jüngeren Geschichte verhandeln, doch stets Zuversicht spürbar bleibt, hängt auch von Anfang an die Fliegerbombe wie eine Drohung über dem bunt schillernden Hauptteil der Aufführung. Vielleicht ist es nur die Hoffnunf wider aller Vernunft, die die Menschheit noch retten kann. Wer noch hofft, hat noch nicht aufgegeben. Diese Kraft zu utopischem Denken hat die Welt gerade bitter nötig.“
CHRISTOPH LEIBOLD, BR, 03. APRIL 2022

„Weit mehr als die Hälfte des Abends gleichen einer knallbunten Wundertüte voller Musik und Spektakel, mit Stuntshow-Parodien, Zaubertricks, fliegenden Elefanten und feuerspeienden Krokodilen – letztere in Gestalt der hinreißenden Marionetten von Michael Pietsch, die in dieser betörend-überbordenden Inszenierung auf ganz besondere Weise für die Aussöhnung von Realität und Magie stehen. Man sieht die Fäden, die Glieder, den Puppenspieler- also, dass sie in Wirklichkeit fake sind, erliegt aber ihrem Zauber als wären sie echte Tiere.“
CHRISTOPH LEIBOLD, BR, 03. APRIL 2022

„Dass der Autor zum Applaus wie ein Jugendlicher auf die Bühne springt und sich gerührt beklatschen lässt, zeigt, dass sein lebenslanges Fremdeln mit dem Theater vielleicht doch noch ein Ende finden könnte – in dieser Konstellation eine durchaus verheißungsvolle Vorstellung.“
SILVIA STAMMEN, THEATER HEUTE, MAI 2022

„Der Abend ist nicht nur die Reparatur einer Revue, wie es im Untertitel heißt, sondern er ist auch der Versuch einer Reparatur unseres Denkens, das so schwer gebeutelt ist vom unaufhörlichen Stakkato an negativen Nachrichten. Denn vor allem das kann von Kluge gelernt werden: im scheinbar Unmöglichen das Mögliche zu finden und gegen jede Wahrscheinlichkeit doch noch Hoffnung aufzuspüren.“
TOBIAS OBERMEIER, MÜNCHNER FEUILLETON, MAI 2022