Kongo! Eine Postkolonie

Mit Laurenz Leky | Regie Teil I (KoNGOland): Nina Gühlstorff | Regie Teil II (KONGO MÜLLER): Jan-Christoph Gockel | Bühne & Kostüme – Premiere KoNGOland: Thomas Rustemeyer | Bühne & Kostüme KONGO! EINE POSTKOLONIE: Lena Hinz | Video: Florian Rzepkowski | Video Rahmenerzählung: Eike Zuleeg | Dramaturgie KoNGOland: Martina Grohmann | Dramaturgie KONGO! EINE POSTKOLONIE: René Michaelsen | Performance im Video: Komi Mizrajim Togbonou |Mitwirkende Workshop Goetheinstitut Kigali: Bernardine Ausabe, Catherine Foulon, Yves Peter Kityana, Patrick Kirjhura, Abdoul Muhyambere, Patrick Musoni Nkusi, Mouhamad Nshimiyimana, Jean Baptiste Nyamyenda, Jonas Petry, Ericks Shyaka, Manon Winkler | Fotos: Meyer Originals | Premiere: 10.11.2018

 



„Mein Geschlecht: Sexismus. Meine Nationalität: Schuld.
Meine Rasse: Kolonialismus.“

Die Demokratische Republik Kongo ist Schauplatz entsetzlicher Kolonialverbrechen und bis zum heutigen Tag dauernder Ausbeutung im Zeichen des weltweiten Ressourcenhandels. Darüber hinaus muss sie jedoch auch noch immer wieder als Projektionsfläche für die Befindlichkeiten Europas herhalten.  Laurenz Leky untersucht die deutsch-kongolesischen Verbindungslinien in zwei Solo-Performances: Im Zentrum von Kongo Müller (Regie: Jan-Christoph Gockel) steht der ehemalige Wehrmachtssoldat Siegfried Müller, der in den 1960er Jahren als Söldner im Kongo tätig ist und von dort aus für seine Brutalität zweifelhafte Berühmtheit erlangt. KoNGOland (Regie: Nina Gühlstorff) hingegen stellt unser aktuelles Bemühen um die Herstellung von Ordnung in Afrika in ein kritisches Licht: Braucht der Kongo wirklich die Hilfe von NGO-Mitarbeitern, Entwicklungshelfern und europäischen Idealisten oder verwendet ihn Europa nur als Sehnsuchtsort für nicht mehr wirksame Aufklärungsphantasien? Beide Abende bleiben jedoch nicht in der theoretischen Erörterung stecken, sondern binden auch Lekys eigenes Scheitern als Konflikthelfer angesichts der komplexen Lage vor Ort mit ein, indem sie seine zwiespältigen Erfahrungen als von Kulturförderungsanträgen finanzierter Konflikthelfer mit Theaterschwerpunkt im Krisengebiet Ostkongo zum Thema machen. Ein unter höchstem Legitimationsdruck stattfindendes Diskursspektakel zwischen europäischem Egotrip und friedensstiftender Theatermission.

Eine Koproduktion von Theater im Bauturm, Theater Rampe Stuttgart und Nyx e.V.

Neue Termine folgen.

"ein packendes Stück Theater"
Theater pur, 10.11.2018

"ein markerschütterndes Stoßgebet Richtung schwarzer Himmel und gleißend weißer Hölle."
Kölner Wochenspiegel, November 2018

"Eine große Soloperformance. ... Im dynamischen Dreiklang von Dilemma, Diskurs und Dekonstruktion entwickelt sich ein Malstrom, der an diesem Abend die eine oder andere eurozentrische Wahrheit verschlingt."
Kölner Stadtanzeiger, 15.11.2018

Hintergrund

Aus „On the Postcolony“, Achille Mbembe

Koloniale Gewalt ist an den Gebrauch von Sprache, an Handlungen, Gesten, Geräusche und Sounds gekoppelt. Sie ist eine phallische Geste. Mit dem Phallus bohrt sich der Kolonisator in die Welt. Der Kolonisator spricht und denkt mit seinem Phallus. Der Leutnant wählt aus jungfräulichen Mädchen die mit der hellsten Haut. Der Übersetzer gibt Anweisung, dass sie zum Fluss gebracht und überall gründlich gewaschen werden, besonders beneath cach-sexe – in der Unterhose. For are they not to dirty to be eaten raw? Ohne seinen Phallus wäre der Kolonisator nichts, nur durch ihn kann die Grausamkeit des Kolonisators aufrecht stehen: erigiert. Ein Stück Fleisch, das endlos sabbert. Der Phallus des Kolonisators kann das Zucken kaum zurückhalten, gespannt wie ein Bogen schnüffelt er überall herum, entblößt sich, reibt, stößt, stöhnt. Er gibt nicht nach bis er seinen Milchstrahl zurückgelassen hat, bis zur Ejakulation. Kolonisieren heißt also, einen energischen sauberen Koitus zu vollziehen, der gleichzeitig Lust und Schrecken bereitet.

Nach „Der Auftrag“, Heiner Müller

Das Theater der weißen Revolution ist zu Ende. Wir verurteilen dich zum Tode. Weil Deine Haut weiß ist, weil deine Gedanken weiß sind unter deiner weißen Haut. Weil du ein Besitzer bist, ein Herr. Darum verurteilen wir dich zum Tode. Das Elend mit euch ist, ihr könnt nicht sterben. Darum tötet ihr alles um euch herum.  Liebst du diese Frau. Wir nehmen sie, damit du leichter stirbst. Wer nicht besitzt, stirbt leichter.  Was gehört dir noch. Sag schnell, unsre Schule ist die Zeit, sie kommt nicht wieder und kein Atem für Didaktik, wer nicht lernt, stirbt auch. Deine Haut. Wem hast du sie abgezogen. Dein Fleisch unser Hunger. Dein Blut leert unsere Adern. Deine Gedanken, wie. Wer schwitzt für eure Philosophieen. Noch dein Harn und deine Scheiße sind Ausbeutung und Sklaverei.  Jetzt gehört dir nichts mehr. Jetzt bist du nichts. Jetzt kannst du sterben. Grabt ihn ein.