von Eike Zuleeg
Kamina – die Funkstation des deutschen Kaiserreiches, erbaut zwischen 1911 und 1914 von der Firma Telefunken, sollte die Verbindung zwischen dem Mutterland und den deutschen Kolonien gewährleisten. Sie bestand aus neun Türmen, von denen sechs eine Höhe von 120 Metern hatten. Die Anlage erstreckte sich über eine Länge von vier Kilometern und hatte eine Breite von drei Kilometern. Ihren Namen erhielt die Funkstation von dem in der Nähe liegenden Ort Kamina, der in der Nähe der Provinzhauptstadt Atakpamé liegt. Sie war nur zwei Monate im Einsatz, bevor sie 1914 kurz vor der Eroberung durch französische und englische Truppen von den Deutschen selbst gesprengt wurde.
Die Funkstation sollte der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte „WIR SCHWARZEN MÜSSEN ZUSAMMENHALTEN“ – EINE ERWIDERUNG werden, als ein Symbol für weltweite Kommunikation, als Zeugnis der deutschen kolonialen Vergangenheit und als Möglichkeit Zeit- und Raumebenen miteinander zu verbinden. Über die Recherche zu Kamina entstand einer der Charaktere, die vielschichtige Figur des deutschen Kolonialfunkers Siegfried Gaba Bismarck (gespielt von Komi Mirzrajim Togbonou). Mit ihm und drei weiteren Figuren, der postkolonialen Geisterjägerin und Zeitreisenden Cycy (gespielt von Nancy Mensah-Offei), der Marionette Franz Josef Strauß (gebaut und gespielt von Michael Pietsch) und seinem Metzger-Spezel Josef Willi Andreas Junior Senior März (gespielt von Martin Weigel) fuhren wir im Februar 2021 für eine Recherche- und Drehreise nach Togo.
DREH IN KAMINA
Wie schon bei DIE REVOLUTION FRISST IHRE KINDER! war ich als Kameramann dabei und sollte auch später im Stück die Live-Kamera übernehmen. Kamina steht exemplarisch für den Dreh in Togo. Wir hatten vier starke Charaktere mit beeindruckenden Kostümen und aus unseren Recherchen wussten wir, wo wir drehen wollten. Das waren neben Kamina noch Misahoe, die Eisenbahnlinie und natürlich Lomé mit dem Gouverneurspalast, dem Marox Grill, dem Restaurant Alt München und den Überresten des Steges, den die Deutschen gebaut hatten, um die erbeuteten Waren nach Europa zu bringen. Allerdings hatten wir die Orte nie zuvor gesehen und wussten auch nicht, was uns erwarten würde. Die Bilder konnten wir daher erst vor Ort entwickeln. Für mich bedeutete das, immer bereit zu sein, spontan zu reagieren und viel zu improvisieren. Einmal kamen wir nachts an einem großen Feuer aus brennenden Autoreifen vorbei, wir hielten sofort an, die Schauspieler*innen zogen sich ihre Kostüme an und wir filmten eine kleine Szene, die Teil des Stücks wurde. Nach den positiven Erfahrungen mit einer kleinen DSLM-Kamera bei der letzten Zusammenarbeit mit Jan-Christoph Gockel und Michael Pietsch in Burkina Faso habe ich mich auch hier wieder für ein kleines Set-up mit einer lichtstarken Kamera entschieden. Für Kamerainteressierte habe ich eine Equipment-Liste am Ende des Beitrages angehängt. Die kleine Kamera hatte den Vorteil, dass sie wenig Aufmerksamkeit erregte: Passant*innen sahen eher die Schauspieler*innen an, als in die Kamera zu blicken.
Über Kamina hatten wir gehört, dass die wenigen Ruinen, die es noch gab, von der Natur überwuchert waren. Zum Glück stellte sich vor Ort heraus, dass ein lokaler Guide in langwieriger Arbeit die Pflanzen entfernt hatte, sodass die Ruinen wieder zum Vorschein gekommen waren. Es waren zwar nur wenige, aber die Überreste der Dampfturbinen waren ideal, um den Absturz von Cycys Raumschiff in der Funkstation zu drehen. Wie bei den meisten Szenen entschieden wir uns auch hier für die Dämmerung als Drehzeitpunkt, da dann die Kostüme, die zum Teil leuchteten, am besten zur Geltung kamen. Zusätzlich hatten wir kurze Astera-LED-Röhren dabei, die wir einfach zu einem Teil des Kostüms machten und später auch auf der Bühne verwendeten. Durch die extrem kurze Dämmerung in Togo hatten wir nur sehr wenig Zeit, die komplexe Absturzszene zu drehen. Da half es uns sehr, dass wir am Nachmittag die Szene schon durchstellen konnten und für den Dreh die Einstellungen nach Helligkeitsbedarf sortierten. Die Totalen drehten wir zuerst, damit der Himmel noch Zeichnung aufwies und als letztes die Details und Nahen, bei denen es nicht so auffiel, dass es schon stockdunkel war. Am Ende klappte alles und die Szene wurde zum ersten Video-Einspieler des Stücks und zu einer meiner Lieblingsszenen.
Equipment-Liste:
Kamera Sony Alpha7s III
8Sinn Kamerakäfig
SmallRig Holzgriff mit Fernauslöser
SmallRig Monitorhalter
Satz Vintage Nikon AiS Optiken (20mm, 28mm, 35mm, 50mm, 85mm
Nikon AF-D 105mm und 135mm
Sony 28mm und 35mm AF Optiken für Gimbal Einsatz
Metabones Adapter Sony E-Mount auf Nikon F Mount
Tiffen Variabler ND Filter
Atomos Ninja V Rekorder und Monitor
DJI Ronin RSC 2 Einhand Gimbal
DJI Mavic Pro Kameradrohne (verblieb aus sicherheitstechnischen Gründen bis zur Ausreise beim Zoll)
Sennheiser MKE 400 Aufsteckmikro
2 x Tentacle Sync