Mit Katharina Bach, André Benndorff, Johanna Eiworth, Nadège Meta Kanku, Samuel Koch, Annika Neugart, Annette Paulmann, Michael Pietsch, Leoni Schulz / Eva Bay, Maria Moling, Serge Okunev | Regie: Jan-Christoph Gockel | Bühne: Julia Kurzweg | Kostüme: Janina Brinkmann | Musik: Maria Moling (Live-Musik) | Video: Lion Bischof | Lichtdesign: Christian Schweig, Stephan Mariani | Puppen: Michael Pietsch | Dramaturgie: Viola Hasselberg, Claus Philipp | Recherche und dramaturgische Mitarbeit: Serge Okunev | Fotos: Armin Smailovic
7 Stunden Schiller, Krieg und Frieden: Guten Appetit!
Der „Mythos Wallenstein“, der sich um einen der erfolgreichsten Söldnerführer der Geschichte rankt, erzählt uns viel über unser heutiges großes und schmutziges Kriegsgemälde, über hochaktuelle Strukturen von Macht, Hybris und Loyalität. Gibt es Strategien für Frieden zwischen all den Deals?
Hausregisseur Jan-Christoph Gockel ergründet mit Schillers monumentaler Dichtung, der Wallenstein-Trilogie, in einem sinnlichen Spektakel den Aufstieg und den Sturz des Machtmenschen Wallenstein. Auf der Bühne wird buchstäblich ein Mythos gekocht und verspeist. Das Publikum ist – an diesem langen Abend – eingeladen, mitzuessen, um gemeinsam zu fragen: Wie finden wir ein Ende? Wie kommen wir da wieder raus? Der letzte Akt widmet sich dem Friedensschluss, der im Fall des Dreißigjährigen Krieges, nach Wallensteins Ende, sehr haltbar war.
Schiller hat dreißig Jahre Krieg kunstvoll auf die letzten drei Wochen vor der Ermordung Wallensteins verdichtet. Im Auftrag des Kaisers kämpft der Generalissimus mit gigantischen Heeren, die sich durch Plünderungen ernähren. Doch zu mächtig darf ein Söldnerführer nicht werden, und er darf keinen Anspruch auf politische Macht stellen. Schließlich bestellt der Kaiser Wallensteins Tod. Etwas Ähnliches widerfährt über 350 Jahre später Yevgeny Prigozhin, Kopf der Söldnergruppe Wagner, „Putins Koch“, mit seinem Imperium aus Luxusrestaurants, Trollfabriken und einer mächtigen Privatarmee. 2023 scheitert sein Marsch auf Moskau, ein „Flugzeugabsturz“ pflückt ihn vom Himmel.
Heute befinden wir uns in einem neuen Zeitalter der Söldner. In „Wallensteins Lager“ spricht zunächst nur das „Kanonenfutter“: Soldaten, mitziehende Händlerinnen, Kinder und Bauern aus dem Tross. Wer sind diese Menschen heute? Das Produktionsteam recherchiert seit zwei Jahren bei Ex-Söldnern, Angehörigen und NGOs und wird diese Stimmen innerhalb von Schillers sprachgewaltigem Kriegsgemälde hörbar machen.
Ein überwiegend weibliches Ensemble spielt ihn uns vor, diesen „ewigen Krieg“ als Lebensform, als Akt gesteigerter männlicher Selbstexpression. Lustvoll demontiert es den Mythos und holt Wallenstein vom Sockel.